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#GOODTHING - Sabine und Volker von Senger Naturwelt über Lichtpunkte im Alltag und Kirschkerne im Wanst
Knabbernde Kuschelmäuse, niedliche Plüschgänse und Bären zum Umarmen - Seit 30 Jahren fertigt Senger Naturwelt umwerfende Kuscheltiere und Puppen aus natürlichen Materialien und mit echter Handarbeit. Die Figuren mit ihrem einzigartigen Charakter bringen jedes Kind zum Lächeln.
Für unsere Blog-Serie #GOODTHING, in der wir für euch mit inspirierenden Unternehmer*innen sprechen, die mit ihren Produkten die Welt zu einem besseren Ort machen, haben wir mit dem Gründer-Paar Sabine und Volker über die Anfänge von Senger gesprochen. Sie berichten über Ideen für neue Figuren und welche Stadt besonders offen für ihre skurrilen Figuren war.
Photo by © Senger Naturwelt
Nehmt uns doch mal mit zu den Anfängen von Senger Naturwelt. Wie kam es zu der Idee für euer Unternehmen und wie verliefen die ersten Jahre für euch?
Volker Senger:
Ich bin im beschaulichen Obersinn aufgewachsen und habe Sabine in Berlin kennengelernt wo ich einige Semester Psychologie studierte. In dieser Zeit habe ich mit einem Freund, ein Maler und Karikaturist, in Schweden eine Comiczeitschrift herausgegeben. Von ihm waren die Zeichnungen, ich habe die Texte geschrieben. Einen Monat lang war ich in Schweden, einen Monat in Berlin. Als unser Geldgeber das Projekt einstellte, überlegte ich, was ich in Zukunft machen sollte.
Meine Frau und ich wechselten anfangs im Sommer von der Großstadt Berlin an die Sinn, idyllisch zwischen Spessart und Rhön gelegen. Meine Mutter besaß in Obersinn eine kleine Kleiderfabrik. Seit sie Anfang der 70er Jahre in Rente gegangen war, standen die Nähmaschinen in den verwaisten Räumen still. Konfektion interessierte uns nicht sehr, also haben wir eine Zeitlang aus Lust und Laune nebenbei Puppen gemacht. Beide sind wir nicht vom Fach, meine Frau ist Buchhändlerin, ich habe eine Schneiderlehre absolviert, aber in der Branche nie gearbeitet. Wir nahmen den Markt etwas genauer unter die Lupe: Puppen wie unsere gab es überall. Und kreativ lastete es uns auch nicht wirklich aus, nur auf vorgefertigte Dinge zurückzugreifen.
Sabine Senger:
Ich habe eine Kinderbuchabteilung geleitet; viele, viele Kinderbücher sind durch meine Hände gegangen. Bei der Entstehung der Mäusefamilie hat mich wahrscheinlich Kenneth Grahames „Wind in den Weiden“ sehr beeinflusst. Das sind Geschichten mit einem Maulwurf, einer Wasserratte, einem Kröterich und Mäusen, jedes Tier hat einen spezifischen Charakter. Sie reisen durch den Wald und erleben die wundersamsten Abenteuer.
Eines Tages wollte ich für die zweijährige Tochter meiner Freundin ein schönes Geburtstagsgeschenk fertigen - meine erste Stofftier-Maus. Natürlich sah sie noch ein bisschen anders aus als unsere heutigen, denn wir haben unseren Mäusekopf auf einen normalen Puppenkörper gesetzt. Laura liebte ihre Maus über alles. Philip, so hat sie die Maus getauft, musste überall mit hin. Und schon bald wollten auch die anderen Kinder im Kinderladen so eine Tierpuppe.
Die erste Maus war 45cm groß, eine gängige Puppengröße. Dazu kamen Kinder, denn wir wollten den Familiencharakter herausheben. Wir sind mit unserer ersten Kollektion nach Berlin gefahren und haben sie mutig in alternativen Holzspielzeugläden vorgestellt. Man war begeistert, die Figuren waren einmalig. Unsere Tierfamilie wurde größer, ein Elefant kam hinzu, später die Hasen und Gänse.
Wir reisten quer durch die Bundesrepublik und boten sie in Alternativläden an. Diese Geschäfte erkennt man schon am Namen. Die Reaktionen waren meist, aber auch nicht immer positiv. Fanden einige unsere Geschöpfe etwas zu skurril, waren andere begeistert. Nicht jeder mag Mäuse: „Wir haben genug Mäuse im Keller und wollen sie nicht auch noch auf dem Sofa.“ Die Berliner haben uns sehr ermuntert. Sie gehen lockerer mit den Dingen um und sind für neue, witzige Sachen immer zu haben.
Was macht eure Kuscheltiere so besonders und worauf achtet ihr vor allem in der Herstellung?
Unsere Puppen haben überwiegend einheimische Tiere zum Vorbild. Einige der Tiere spielen eine wichtige Rolle in deutschen Märchen, wie Fuchs und Hase, Wolf und Schaf. Diese Tiere besitzen in unserer Vorstellung und auch in der Fantasie der Kinder bestimmte menschliche Eigenschaften und Funktionen.
Durch die Betonung spezieller Merkmale verleihen wir den Tieren, ähnlich wie ein Karikaturist, einen besonderen Ausdruck die lange Nase der Maus, die hängenden Ohren der Hasen, die trompetenartige Schnauze des Schweins…
Manche Ideen zu neuen Tierfiguren entstehen auf Spaziergängen. Wir leben im waldreichen Mittelgebirge zwischen Röhn und Spessart, hier haben schon die Gebrüder Grimm Inspirationen für ihre Märchen gesammelt. Viele der Tiere, die als Vorbild für eine neue Puppe dienen, können in diesen Wäldern noch lebend studiert werden. Durch Beobachtung und Diskussion versuchen wir, die wesentlichen Eigenarten des Tieres herauszufinden und die Idee weiterzuentwickeln.
Am kniffligsten ist freilich das Gesicht. Jedes Äuglein, jedes Mäulchen wird einzeln von Hand gestickt. Für den richtigen Ausdruck, die Seele der Puppe, braucht man viel Übung und noch mehr Gefühl. Sitzen die Stickaugen zu weit vorn an der Nase, schauen die Tiere dümmlich ins Leere. Stehen sie schräg, ist es fast noch schlimmer: Sie schielen, äugen listig, blicken boshaft oder grimmig ins Kindergesicht. Zum Liebhaben oder als Tröster bei Heimweh sind solche Gesellen nicht zu gebrauchen.
Was macht euch besonders glücklich bei der Arbeit? Wofür brennt ihr am meisten?
Volker Senger:
Wir wollen ein schönes, liebevolles Produkt anbieten, das Lichtpunkte im Alltag setzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass man in ein Produkt positive Energie hineinlegen kann. Das ist unsere Firmenphilosophie. Die Leute sagen, man spürt, dass unsere Tiere bis ins Detail mit Liebe gemacht sind.
Welche spannenden neuen Projekte und Ideen habt ihr für die Zukunft?
Volker Senger.
Uns fällt eigentlich immer etwas ein, die Neuheiten für nächstes Jahr stehen bereits in den Startlöchern. Es wird vor allem exotisch und ozeanisch - so viel sei vorab verraten :) Ansonsten würden wir gerne unser Sortiment insbesondere in Richtung Kinderzimmerausstattung weiter entwickeln.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für euch und wie lebt ihr das privat?
Sabine Senger:
Wir versuchen so viel wie möglich verpackungsfrei und regional einzukaufen, auf dem Land ist das aber wider der Annahme tatsächlich manchmal sogar schwieriger. So gut es eben geht, wählen wir wiederverwertbare Varianten und kaufen nur, was wirklich notwendig ist. Jede Anschaffung wird mehrfach hinterfragt und bewusst die qualitativ hochwertige Alternative gewählt.
Ihr legt schon seit vielen Jahren Wert auf eine nachhaltige Produktion. (Wie) hat sich Nachhaltigkeit in 30 Jahren Senger Naturwelt verändert?
Sabine Senger:
Das samtige Fell für die Tiere ist handgewebt, aus reiner Biobaumwolle. Den Betrieb zu finden war schwierig, es gibt praktisch keine Handwebereien mehr, die in Deutschland eigene Plüsche machen.
Nicht bloß außen auf der Haut, auch innen sind seine Tiere durch und durch „grün“. Die Schlenker- und Kuscheltiere etwa, die sich weich in größere Kinderhände schmiegen, haben sich den runden Leib mit Schafswolle vollgestopft. Wir kauen sie von Wanderschäfern, die mit ihren Herden die Eifelwiesen frei knabbern und die Rheindämme kurz wie einen Golfrasen halten. Dem rosigen Plüschschwein etwa, das faul auf dem Bauch fläzt, polstert raschelnde Dinkelspreu den Ranzen. Sein kleiner Bruder hat sich den Wanst mit Kirschkernen vollgeschlagen. Beide lassen sich aufwärmen und wehen Kinderbäuchen auflegen.
Und tatsächlich haben wir in den letzten Jahren keinen unserer Lieferanten gewechselt. Es macht uns wirklich glücklich, regional und aus Deutschland solch überragende und langlebige Qualität einkaufen zu können.
Oft wird gesagt, dass Qualitätsmerkmale wie Handarbeit und Made in Germany in unserer schnelllebigen Gesellschaft nicht mehr so viel Wertschätzung erfahren. Sind die Kinder von heute anders als die Kinder von damals?
Sabine Senger:
Von unseren Tierpuppen fühlen sich vor allem solche Eltern angesprochen, die ihren Kindern ausgewähltes Spielzeug anbieten und somit dem Konsum von billigen Massenprodukten entgegenwirken wollen. Viele unserer Kunden sind Menschen, die sich bewusst mit den Gefahren der Wegwerfgesellschaft auseinandersetzen und dies auch ihren Kindern vermitteln wollen. Für diese Eltern ist es auch von Bedeutung, dass unsere Tiere aus natürlichen Materialien bestehen, die frei von Schadstoffen sind, umweltverträglich hergestellt und sozial gerecht weiterverarbeitet werden.
Gerade in diesem Jahr haben wir den Eindruck, dass dieser Trend nicht nur in Deutschland, sondern auch international zugenommen hat, was natürlich eine sehr erstrebenswerte Entwicklung ist.
Volker Senger:
Unsere Tierpuppen sind gedacht und gemacht als Freunde fürs Leben. Die Qualität von Material und Verarbeitung garantiert eine hohe Lebensdauer. Der besondere, unkonventionelle Charakter der Tiere fördert den Aufbau einer intensiven Beziehung zwischen Kind und Puppe. Ich finde es sehr wichtig für die Entwicklung eines Kindes, dass es lernt, stabile Beziehungen aufzubauen. Auch fördert es wesentlich die Phantasie, wenn Kinder nur wenige, ausgewählte Spielzeuge zur Verfügung haben. Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie manche Kinder mit einfachsten Mitteln imaginäre Räume durchwandern. Die Phantasie der Kinder kennt keine Grenzen.
Die vorgefertigten modernen Spielwelten wie „Barbie“ lassen der Phantasie wenig Spielraum und zeigen noch dazu den Weg in unsere Konsumgesellschaft.
Bitte beendet den Satz: Kinder sind toll, weil...
… die Welt durch ihre Augen einfach schön ist.
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Liebe Sabine, lieber Volker. Tausend Dank, dass ihr mit uns über eure Reise mit Senger gesprochen habt. Wir sind ganz begeistert davon, mit wieviel Liebe zum Detail ihr über die Figuren nachdenkt, wie viel Arbeit in jedes Teil fließt und wie viel Verantwortung ihr beruflich & privat für unsere Umwelt übernehmt. Ihr und eure kuscheligen Tierchen werdet mit Sicherheit noch sehr viele Kinderherzen höher schlagen lassen!